Der Mensch ist ein Gewohnheitstier – vor allem auch in seinen Denkweisen! Deshalb kann es bei der Ideenfindung hilfreich sein, auch mal die Perspektive zu wechseln und in neue Rollen zu schlüpfen. Wir von Staehlin erklären Ihnen, wie die einfache Kreativitätstechnik „Walt-Disney-Methode“ funktioniert und worauf Sie dabei achten sollten.

Was ist die Walt-Disney-Methode?

Die Walt-Disney-Methode wurde tatsächlich von Walt Disney begründet. Der US-Filmproduzent entwickelte sie, um Denkblockaden zu überwinden. Ihren Durchbruch schaffte die Kreativitätstechnik aber erst später durch Robert Dilts, den Mitbegründer des Neuro-Linguistischen Programmierens (NLP). Der Autor, Berater und Trainer schrieb 1994 in seinem Buch „Strategies of Genius“: „…tatsächlich gab es drei Walts: den Träumer, den Realisten und den Spielverderber.“

Die Kreativitätstechnik funktioniert wie ein Rollenspiel und kann allein oder im Team durchgeführt werden. Die Teilnehmenden sollen hierbei ein Problem aus unterschiedlichen Perspektiven betrachten und dabei eine ganz andere Position einnehmen, als sie es normalerweise tun würden. So entstehen überraschende Einsichten und auch das gegenseitige Verständnis verbessert sich.

Die Methode eignet sich unter anderem zur Geschäftsideenfindung, Strategieentwicklung, Konflikt- und Problemanalyse, Entscheidungsfindung und für Karriereentwicklung und -planung.

Die Walt-Disney-Kreativitätstechnik ist ein Kreislauf und geht so lange, bis der Kritiker überzeugt wurde.

 

So funktioniert die Walt-Disney-Methode

Formulieren Sie im ersten Schritt eine möglichst konkrete Frage oder Problemstellung. Anschließend beleuchten Sie diese aus unterschiedlichen Perspektiven. Verteilen Sie dafür unter den Teilnehmenden drei verschiedene Rollen: Träumer, Realist und Kritiker. Nach Möglichkeit sollte jeder Teilnehmende jede Rolle einmal einnehmen. So betrachten und beurteilen Sie das Problem besonders umfassend.

Weisen Sie jeder Rolle einen bestimmten Platz im Raum zu, beispielsweise in den Raumecken. Stellen Sie dort pro Teilnehmendem einen Stuhl auf (bei fünf Teilnehmenden also in jeder Ecke fünf Stühle). Die Teilnehmenden durchlaufen dann nacheinander alle Stationen. Der Träumer ist als erstes an der Reihe. Danach ist der Realist am Zug und zum Schluss kommt der Kritiker zu Wort. Die Rollen müssen in jedem Fall klar voneinander abgegrenzt sein. So sollte beispielsweise der Träumer wirklich nur Ideen spinnen und nicht schon etwaige Einwände ansprechen.

Die Ergebnisse hält ein Moderator/Protokollführender schriftlich fest. Dafür können Sie für jede Rolle einen eigenen, der Rolle entsprechenden Filofax auslegen. Die Blätter können Sie hier einzeln ein- und ausheften und so einfach für die einzelnen Stationen ordnen, verwerfen oder neu sortieren.

Sind alle Rollen durchgespielt und der Kritiker am Ende mit dem Ergebnis noch nicht zufrieden, beginnt der gesamte Prozess von vorne. Jetzt muss die Idee erweitert werden. Dafür nimmt sich der Träumer jeden einzelnen Kritikpunkt vor und sucht nach einer kreativen Lösung. Der Realist prüft danach die Umsetzung und so weiter. Die Übung ist erst abgeschlossen, wenn der Kritiker keine Fragen mehr hat, der Realist von der Umsetzung überzeugt ist und dem Träumer keine Ideen mehr einfallen.

Unser Tipp: Machen Sie für 5-10 Minuten eine neutralisierende Pause, bevor Sie in eine neue Rolle schlüpfen. So bekommen Sie den Kopf frei für eine neue Perspektive.

 

Die Rollenverteilung

Je nach Persönlichkeitsstruktur fällt es manchen Teilnehmenden schwerer, die verschiedenen Rollen einzunehmen. Sind sie sehr kritisch, fällt ihnen zum Beispiel oft die Rolle des Träumers schwer. Visionäre Menschen haben dagegen häufig Probleme dabei, den Kritiker zu übernehmen. Manchmal hilft es deshalb, wenn Sie nicht nur Perspektive, sondern auch räumliche Situation verändern. Als Träumer könnten Sie beispielsweise hinaus ins Freie gehen und während eines Spaziergangs frische Gedanken fassen. Realisten umgeben sich mit Taschenrechner, Notizheft und gespitztem Bleistift, beispielsweise im Büro. Und in der Rolle des Kritikers ziehen Sie sich entweder in die Stille zurück oder suchen das Gespräch mit anderen, ebenfalls kritischen Mitarbeitenden.

Darf´s ein bisschen crazy sein? Gerne! Denn für den Träumer ist alles erlaubt!

 

Der Träumer (auch: Visionär oder Ideenlieferant)

Für den Träumer scheint alles möglich! Er sieht keine Risiken und Probleme. Er geht von einer idealen Welt aus und orientiert sich allein an den Potenzialen und Möglichkeiten. In dieser Rolle dürfen und müssen Sie ohne Grenzen, Regeln und Traditionen fantasieren. Der Träumer denkt dabei vor allem in Bildern, chaotisch und visionär. Seine Aufgabe ist es, sich überhaupt erst einmal etwas vorzustellen, herum zu spinnen und groß zu denken. Ist eine Person visionär veranlagt, wird sie in dieser Rolle voll aufgehen. Ist sie dagegen eher grüblerisch, wird sie sich damit schwertun, ihre „Ja, aber…“-Haltung aufzugeben und frei zu denken.

Fragenstellungen für Träumer:

  • Was wäre schön?
  • Welche Ideen kommen mir dazu in den Kopf?
  • Wie sähe die ideale Situation aus?
  • Traumhaft wäre?
  • Vielleicht mal was ganz Verrücktes/Ausgefallenes?

Der Realist arbeitet pragmatisch und denkt praktisch, zum Beispiel mit einem Planer von Filofax.

 

Der Realist (auch: Macher oder Pragmatiker)

Der Realist betrachtet die Ideen des Träumers pragmatisch und von der praktischen Seite, jedoch mit viel gutem Willen. Für ihn geht es darum: Was ist zu tun? Wie können wir das umsetzen? Was würde das kosten? Der Realist versucht, Wege zu finden und so viel möglich zu machen, wie es geht. In dieser Rolle sollten Sie weder besonders positiv noch besonders kritisch denken. Der Realist nimmt eine eher neutrale Position ein. Nur wenn die Abwägungen des Realisten dem Kritiker Stand halten, haben die Visionen des Träumers eine Chance ihr tatsächliches Potenzial zu offenbaren.

Fragestellungen für Realisten:

  • Was brauchen wir für die Umsetzung (Material, Personen, Wissen, Techniken, usw.)?
  • Wie können wir die Idee des Träumers realisieren?
  • Was muss dafür getan, gesagt oder angestoßen werden?
  • Welche Grundlagen sind schon vorhanden?
  • Können wir den Ansatz testen?

Und dann setzt der Kritiker den Rotstift an…